den 29. März 1993
Meine lieben Bekannten, Verwandten und Freunde!
Wenigstens per Rundschreiben möchte ich mich zu Ostern wieder bei Euch melden und Euch allen von Herzen wünschen, daß die Freude über das neue Leben, das uns Christus durch Ostern erworben und geschenkt hat, nicht von all den Hasen und Eiern verdeckt wird, die den auferstandenen Christus, das Osterlamm, wohl mehr und mehr verdrängen. Aber, keine Angst, ich lamentiere nicht über die ach so säkularisierte Welt, sondern ich freue mich, daß der Glaube an die Auferstehung, die uns in der Taufe geschenkt wird, in so vielen Menschen wirklich lebendig ist. Und ich bin überglücklich, daß mein Leben hier im Zululand Südafrikas ein großartiges Stück Ostererfahrung ist, d.h. ich darf immer wieder erleben, wie der Glaube die Menschen mit neuem Leben, mit Freude und mit Mitverantwortungsgefühl erfüllt, daß ich mich oft selber schämen muß, wenn mein Gottvertrauen mal wieder zu gering war, d.h. wenn ich mal wieder meinte, daß das Weltverbessern zu sehr von mir selbst abhinge. Was sich in meinen beiden Pfarreien Mandini und Mangete seit Weihnachten ereignet hat, ist einfach großartig: Die Situation hierzulande ist alles andere als rosig. Die politische Lage gleicht einem Pulverfaß und nur allzu viele spielen vehement mit dem Feuer. Unser bislang relativ ungefährliches Gebiet (verglichen mit den Zentren der Gewalttaten) ist längst nicht mehr so sicher. Daß in der großen Township Sundumbili täglich geschossen wird, ist zur Gewohnheit geworden und nun mehren sich auch Raub, Vergewaltigungen und Überfälle in den Farmgebieten. Manchmal komme ich mir vor wie in einem billigen Westernfilm, wo kaum einer ohne Schußwaffe anzutreffen ist und von jener auch hemmungslos Gebrauch macht. Daß es in einem solch brodelnden Hexenkessel gelingt, daß Schwarze und Weiße zusammenhelfen, um den Armen dabei zu helfen, sich selber zu helfen, ist eine großartige Ostererfahrung, die zeigt, daß inmitten einer vom Tod gezeichneten Welt Menschen über die hierzulande lange noch nicht vergessenen Rassengrenzen hinweg versuchen, das Leben anderer lebenswerter zu machen.
Was an Weihnachten noch alles Träume und Zukunftspläne waren, hat sich großenteils verwirklicht:
Und das alles wurde möglich durch die Gründung eines Privaten Vereines von Gläubigen, den wir Bruderschaft des Seligen Gerhard genannt haben. Der Selige Gerhard, mein Namenspatron, ist der Gründer des Malteserordens und so ist unsere Bruderschaft eine Malteser-Hilfsorganisation und der Malteserorden hat inzwischen seine Bereitschaft signalisiert, daß wir als Werk des Malteserordens anerkannt werden und damit unser Dienst unter seinem Schutz und Abzeichen geleistet wird. Das Großartige an unserer Hilfsorganisation ist, daß damit erreicht worden ist, daß sich die Afrikaner in ihr selbst verantwortlich fühlen, ihresgleichen zu helfen - und das, man lese und staune, über Rassengrenzen hinweg - und nicht mehr wie bislang nur zum Missionar kommen und für jegliche ihrer Nöte dort die Hand um ein Almosen aufhalten. So ist unsere Bruderschaft ein echtes Werk der Hilfe zur Selbsthilfe, was aber nicht bedeutet, daß es dazu gerade in der Aufbauzeit nicht der Hilfe von außen bedürfte. Und darum bitten wir Euch auch herzlich.
Aber nicht nur der ungeahnte Aufbruch im caritativen Sektor macht mich froh, auch die große Offenheit und Freundschaft, die mir von meinen Pfarrkindern entgegengebracht wird. Der Gottesdienstbesuch ist sehr gut und vielerorts auch sehr lebendig, aber auch auf katechetischen Gebiet tut sich viel. Dabei unterstützen mich drei Katechisten, die Herren Khuzwayo, Khumalo und Nzuza. Sie leisten großartige Arbeit, aber sie werden auch von vielen Laienkräften unterstützt, die Kindern und Erwachsenen freiwillig Religionsunterricht erteilen, sie auf die Sakramente der Taufe, Versöhnung, Eucharistie und Firmung vorbereiten helfen und in manchen unserer Gemeinden haben sogenannte "Kleine christliche Gemeinschaften" als Hauskirche vor Ort schon Wunderbares geleistet. Trotz aller Energie und allem Enthusiasmus könnte (und sollte) ich als Pfarrer nicht alles im Alleingang "erledigen" und so zwingt uns der Priestermangel hier in der Mission mehr auf des Wirken des Heiligen Geistes in den Gläubigen zu vertrauen und es zahlt sich hundertfach aus!
So grüße ich Euch voller Freude und voller guten Mutes trotz der bedrohlichen Lage in unserem Land sehr herzlich. Ob, und wenn ja, wann ich evtl. in diesem Jahr noch in Heimaturlaub kommen kann, kann ich momentan beim besten Willen noch nicht absehen, aber ich würde mich jedenfalls vorher noch kurz per Rundbrief anmelden.
Gottes Segen und ein tausendfaches Vergelt's Gott für alles Gebet und Opfer und für Euere treue Freundschaft, die mir so gut tut.
Herzlichst Euer
Pater Gerhard
P.S.: Bitte keine Altkleiderpakete mehr schicken! Der südafrikanische Zoll verlangt inzwischen für 10 kg Altkleider über 300,-- Rand Zoll und das können wir uns beim besten Willen nicht leisten! Allen, die bislang mit Altkleidern geholfen haben, ein ganz spezielles Vergelt's Gott!
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