Fest der
TAUFE DES HERRN

Lesejahr C / Lk 3,15-16.21-22

Eine Predigt von Pater Gerhard T. Lagleder OSB
gehalten in St. Ottilien am 9. Januar 1983

Liebe Mitchristen,

"Der Mensch ist ein Gewohnheitstier". Vielleicht kennen Sie diesen saloppen Ausdruck für die Erfahrung, dass wir Menschen uns so manche Gewohnheiten angewöhnen.
Besonders, wenn wir mehrmals vor einer ähnlichen Situation stehen, verhalten wir uns oft nach demselben bewährten Muster.
Dies gilt vor allem auch für unser Verhalten bei besonderen, feierlichen Anlässen.
So hat sich für verschiedenste Gelegenheiten ein jeweils festes Zeremoniell herausgebildet.

Wenn z.B. ein großes neues Schiff fertiggestellt ist und in der Werft zum Auslaufen bereit liegt, so dass es seinen Dienst aufnehmen kann, dann versammeln sich die Werftarbeiter und die Mannschaft des neuen Schiffes, Vertreter des Bestellers und des Herstellers, vielleicht auch Politiker und Schaulustige, um das Schiff zu taufen.
Wenn die unvermeidlichen Reden, die Entstehung und Zweck, Lob und Dank, alle guten Wünsche und vieles mehr. zum Ausdruck bringen, endlich vom Stapel gelassen sind und die Blaskapelle die üblichen Märsche gespielt hat, lässt irgendeine prominente Persönlichkeit eine Flasche Sekt an einem langen Seil zum Bug des Schiffes schwingen, so dass sie daran zerbricht und spricht dabei : "Ich taufe dich auf den Namen z.B. Kolumbus." Dann lässt man das Schiff vom Stapel ins Wasser gleiten, um dann endlich, wie man so schön sagt, zum gemütlichen Teil überzugehen und die Taufe mit einem Vielfachen der Sektmenge zu begießen, die noch vom Schiffsbug herabläuft.

So werden heute viele Taufen gefeiert - und nicht nur Schiffstaufen.
Erst versammeln sich Eltern und Verwandte, Freunde und Bekannte mit dem Täufling in der Kirche. Dann wartet man ungeduldig die Ansprache des Geistlichen und die unvermeidlichen Gebete und ab, macht vielleicht noch ein Foto fürs Familienalbum, wenn das Taufwasser über den Kopf des Kindes gegossen wird und geht dann endlich zu Hause oder im Gasthaus zum sog. Feiern über, um die Taufe mehr oder weniger gehörig zu begießen. Und viele meinen dann, es sei, wie bei der Schiffstaufe, nicht mehr geschehen, als dass das Kind einen Namen erhalten hätte.

Auch wir feiern heute eine Taufe: das Fest der Taufe des Herrn.
Ich freue mich ehrlich, dass Sie zu dieser Feier gekommen sind.
Egal, ob Sie nun jeden Sonntag kommen oder nur manchmal, ob Sie gern oder widerwillig, aus Überzeugung oder weil's so üblich ist kommen, Gott sind Sie immer willkommen.
Sofern Sie meine unvermeidliche Predigt langweilt, bitte ich um Verzeihung, so habe ich's nicht gemeint.
Aber, ich möchte Sie heute einmal besonders einladen, darüber nachzudenken, was diese jetzige Tauffeier will und soll, damit sie mit ganzer Anteilnahme mitfeiern können und nicht ungeduldig warten müssen bis Sie zum gemütlichen Teil des Sonntags übergehen können.

In jeder Hl. Messe geht es nämlich um die Taufe, und zwar um unsere eigene, Ihre und meine Taufe.
Und dazu kann uns die Taufe des Herrn viel sagen:
Wir alle wurden mit Wasser getauft, wie Jesus von Johannes. Mit dem Wasser wäscht Gott zeichenhaft die Schuld von uns ab: Durch Gottes Gnade werden wir aus dem Teufelskreis der Sünde herausgeführt, d.h. mit der Kraft Gottes können wir dem Hang zum Bösen in uns und um uns herum - und das ist die sog. Erbsünde - widerstehen.
In jeder Hl. Messe werden wir daran erinnert, wenn der Priester stellvertretend für uns alle sich bei der Händewaschung Wasser über die Finger gießen lässt und dazu spricht: „Herr, wasch ab meine Schuld, von meinen Sünden mach mich rein!"

Die christliche Taufe schenkt uns aber noch mehr als die Sündenvergebung: Christus tauft uns durch den Geistlichen mit dem Heiligen Geist, den er an Pfingsten seiner Kirche gesandt hat. Wie Gott Vater im Jordan seinen Geist auf Jesus herabsandte und sprach: "Du bist mein geliebter Sohn, Dich habe ich erwählt", geschah es auch uns in unserer Taufe, als wir mit Chrisam gesalbt wurden: Christus bestätigte darin auch uns: "Du bist mein geliebter Sohn, Dich habe ich erwählt". Christus hat uns zu Empfängern seiner Liebe erwählt und diese Liebe gilt es nun im Glauben anzunehmen.
Im Evangelium hieß es, dass der Heilige Geist auf Jesus herab schwebte, während er betete. Weil man am Beten den Glauben erkennt, sagt uns das, dass Jesus den Geist empfing, weil er glaubte.

Ohne Glaube ist also das Empfangen des Heiligen Geistes, und so auch die Taufe gar nicht möglich.
Damit meinen manche, Wasser auf ihre Mühlen zu bekommen, die sagen, Kleinkinder könnten noch gar nicht glauben und man dürfe sie auch noch nicht festlegen, sondern solle sie später selbst entscheiden lassen, ob und was sie glauben wollen.
Doch dem widerspricht das Wesen des Menschen: Gerade weil "der Mensch ein Gewohnheitstier ist", wie wir eingangs feststellten, weil also ein Kind durch nachahmen lernt und sich entwickelt, würde es sich später - wenn es nicht von Anfang an in das Glaubensleben hinein gewachsen ist - nur sehr schwer dafür entscheiden können. Wer also sein Kind aufwachsen ließe, ohne ihm den Glauben vorzuleben, würde ihm den Glauben vorenthalten.
Und wenn Sie mit mir überzeugt sind, dass der Glauben für das Leben wichtig ist, ja dass es ohne ihn gar keinen Sinn hätte, dann werden Sie mit mir der Meinung sein, dass wir wie Nahrung, Kleidung und Liebe, einem Kleinkind auch den Glauben nicht vorenthalten dürfen, wenn wir das Beste für das Kind wollen. Wie die Eltern für ihr Kind alles tun, was es selbst noch nicht tun kann, so steht auch, wenn es getauft wird, der Glaube der Eltern für den ihres Kindes, der auf das Kind übergehen, und sich später bis zur vollen Selbständigkeit entwickeln soll. So schenken die Eltern ihren Kindern nicht nur das irdische Leben, sondern im Glauben durch Christus das ewige Leben. Welch herrliche Aufgabe!

Glaube und Taufe gehören also zusammen. Und weil wir von Gott in der Taufe den Geist empfingen, der uns zu Kindern Gottes macht, zu seinen geliebten Söhnen und Töchtern, dürfen wir ihn unseren Vater nennen, wie wir es im "Vater unser" z.B. jetzt dann auch in dieser Heiligen Messe tun.

Getauft sein heißt also hineingenommen sein in die Liebe Gottes des Vaters, die in seinem Sohn sogar Mensch wurde und uns im Hl. Geist immer gegenwärtig ist.
Wir müssen nur immer neu "JA" sagen dazu und tun, was man tut, wenn man geliebt wird: nämlich uns lieben lassen und den lieben, der uns liebt.
Dann ist uns weder die Taufe ein lästiges Zeremoniell noch das alles, worin uns Gott nach der Taufe wieder und immer neu seine Liebe schenkt: z.B.

Das gilt es jetzt in froher Anteilnahme zu feiern.

Amen.


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